Im Garten hat es man ständig mit Symbiosen zu tun. In luftiger Höhe wachsen Flechten an den Bäumen, die nicht nur den Baum als prima Parkplatz benutzen, sondern selbst ein Gemischtwaren-Organismus sind, da sie eine Symbiose aus Pilz und Alge darstellen. Was man häufig gar nicht sieht, denn viele sind nicht mal ansatzweise grün.
Und dann wären da noch die Pflanzen, die andere für sich einspannen, um ihre Samen zu verbreiten. Die einen kleben ein bisschen was zu Naschen an den Samen, das Elaiosom, um die Ameisen als Kurier einzuspannen. Die futtern die Leckerei weg und lassen das Samenkorn liegen. So keimt es nicht in direkter Nähe der Mutterpflanze und macht ihm keine Konkurrenz. Das ist eine echte Symbiose, wohingegen das Kletten-Labkraut Pelztiere für sich engagiert und ihnen die Samen ins Fell klebt. Das ist eine einseitige Beziehung, da sich das Tier meistens nicht über das hartnäckige Ding freut, das es schlecht wieder aus dem Fell bekommt.
Auch im ganz Kleinen gibt es Symbiosen. Regenwürmer und andere Destruenten nutzen Bodenbakterien im Darm, die ihnen dabei helfen, Lignin und Cellulose zu verdauen. Im Gegenzug bietet ihnen das Tier ein schönes feuchtes, geschütztes Milieu und eine Mitfahrgelegenheit in Gebiete, wo so eine Mikrobe von alleine nicht hinkommt. Für ein Bakterium ist ein Wurm schon ein D-Zug.
Auch Biene und Blüte bilden eine Symbiose. Das nutzt dann wiederum uns, wenn wir die Früchte der Bestäubung ernten wollen.
Manchmal versucht sich sogar die Grüne Stinkwanze im Bestäuben:
Die Bestäubung durch Insekten ist sicher die bekannteste Symbiose neben der Mykorrhiza, bei der Pilz und Pflanze sich gegenseitig fördern.
Wo man diese Beziehungen beobachten kann und welche es gibt, erklärt das Buch "Symbiosen beobachten - Feldführer für unsere Wälder, Wiesen, Äcker, Seeufer und Stadtnatur", von Andreas Gigon und Felix Stauffer, erschienen im Haupt-Verlag.
Das Cover macht schon Lust auf mehr.
Streifzüge durch die im Titel aufgeführten Biotope zeigen, was man wie beobachten kann. Es sind auch einseitige Beziehungen aufgeführt wie eben das Bewachsen von Ästen mit Moos oder Flechten, bei denen die Pflanze immerhin nicht geschädigt wird.
Beispiele für Blüten-Bestäuber-Beziehungen zeigen in jedem Kapitel, welche Pflanzen welche Insekten anlocken können. Oft sind die Erkenntnisse auch überraschend oder nicht so offensichtlich, wie der Hunde-Urin im Park, der das Gras wachsen lässt. Oder die Klebausbreitung von Ampfersamen, auf die ich selbst noch nie geachtet habe.
Skizzen mit einem Gesamtüberblick zeigen die Wechselwirkungen noch mal am Ende eines Kapitels. Erhellend sind auch einige Tabellen, wie die mit den Wechselwirkungen einzelner Pflanzen des Buchenwaldes - welche werden durch Insekten bestäubt, welche bedienen Mykorrhiza oder nutzen Tiere zur Samenausbreitung?
Im letzten Kapitel legen die Autoren dar, ob auch der Mensch Symbiosen mit Nutztieren oder -pflanzen eingeht. Sie sind der Meinung, dass die Wechselbeziehungen in der Forschung zu kurz kommen und eher über Fraßschäden und Konkurrenz geforscht wird. Sie stellen die Frage, ob dies eine männliche Sichtweise wäre und Frauen anders forschen? Ich ertappe mich allerdings auch oft dabei, zwar die Ameisen als Samen-Sherpas zu würdigen, aber dann doch wegen der Schnecken eher mein Augenmerk auf schädliche Einflüsse zu haben.
Das Buch regt also sehr schön zum Nachdenken an und auch zum Beobachten und Entdecken, egal, ob im Park, im Garten, auf der Wiese oder an einem Gewässer.